Wie sollen wir unsere Nachhaltigkeitsberichterstattung weiterentwickeln?
Von Jan-Dirk Seiler-Hausmann (erschienen in Going Public)
Die Titelfrage wird alljährlich vor der neuen Berichtssaison von Nachhaltigkeits- und Kommunikationsabteilungen an Agenturen gestellt. Dann ist es aber eigentlich zu spät – zumindest für das aktuelle Berichtsjahr.
Die Antwort auf die Titelfrage liegt eigentlich auf der Hand: durch mittelfristig aufgelegte konkrete Projekte und fest definierte Prozesse, über die dann nicht nur berichtet, sondern auch die Berichterstattung weiterentwickelt werden kann. Die letzten zwei Berichtsjahre mit der zusätzlichen Erstellung der nichtfinanziellen Erklärung (NFE) nach CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz (CSR-RUG) hat für viele große Unternehmen, aber auch für neue Berichterstatter zur Offenbarung geführt: Es muss noch viel Vorarbeit geleistet werden, um die gegenwärtigen und zukünftig schärferen gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen. Aber wo anfangen?
Nachhaltigkeitsmanagement: Ziele und Strategie
Bei vielen Unternehmen ist Nachhaltigkeit nach wie vor nicht in der DNA verankert. Trotzdem wollen immer mehr Berichterstatter bereits mit der nächsten Saison einen integrierten Bericht herausgeben. Voraussetzung für die Berichterstattung ist ein Nachhaltigkeitsmanagement, und für die integrierte Geschäftsberichterstattung ein integriertes Unternehmensmanagement.
Ab der nächsten Saison ist in der Geschäftsberichterstattung die Steuerung des Themas Nachhaltigkeit Voraussetzung für die Prüfung durch den Wirtschaftsprüfer. Themen, die nicht gesteuert werden, können nicht mehr im Lagebericht kommuniziert werden. Um ein Unternehmen zu steuern, muss daher das Management zukünftig auch Nachhaltigkeitsziele festlegen und eine Nachhaltigkeitsstrategie entwickeln. Nur so kann dann das Thema Nachhaltigkeit mittelfristig in die Unternehmenssteuerung integriert werden.
Konzernkennzahlen für die Berichterstattung systematisch erfassen
Heute erfassen immer noch viele Unternehmen die Kennzahlen für die Nachhaltigkeitsberichterstattung mit Excel. Dabei beträgt die Erfassungsquote der Konzernkennzahlen in vielen Fällen noch nicht 100 %. Eine softwarebasierte Erfassung ermöglicht es Unternehmen, nichtfinanzielle Kennzahlen prozesssicher zu erheben. Mittels Software können zusätzlich heute bereits Daten von Dienstleistern gesammelt und auf Unstimmigkeiten und Unregelmäßigkeiten hin überprüft werden.
Mit der NFE ist die Kennzahlenabfrage nun Teil der geprüften Berichterstattung und muss einer Testierung standhalten. Für die Weiterentwicklung der Nachhaltigkeitsberichterstattung ist die Digitalisierung von Prozessen daher essenziell und sollte in den Fokus gerückt werden.
Nichtfinanzielle Erklärung wird weiterentwickelt
Im zweiten Berichtsjahr unter dem CSR-RUG haben laut der 2019 veröffentlichten Studie „A New Responsibility for Sustainability: Corporate Non-Financial Reporting in Germany“ von Development International 69 % der ausgewerteten Unternehmen die nichtfinanzielle Erklärung gesondert veröffentlicht und 31 % als Teil des Lageberichts. Viele Unternehmen veröffentlichen die NFE also weiterhin nicht im Lagebericht.
Die EU-Kommission hat bereits Ende letzten Jahres die Weiterentwicklung der NFE mit einer Konsultation gestartet. Im Juni dieses Jahres legte sie Leitlinien zur klimabezogenen Berichterstattung innerhalb der NFE vor (2019/C 209/01). Es ist davon auszugehen, dass im Zuge der Weiterentwicklung der NFE zukünftig weitere Kennzahlen verpflichtend zu berichten sind. Unternehmen sollten sich bereits heute darauf einstellen.
Integrierte Berichterstattung weiter vorbreiten
Nach wie vor werden weltweit nur wenige Geschäftsberichte mit einem integrierten Ansatz veröffentlicht. Basis der integrierten Berichterstattung sind die rechtlich vorgegebenen Rechnungslegungsstandards (IFRS, HGB etc.) und der international anerkannte Nachhaltigkeitsberichtsstandard (GRI) sowie jetzt auch der nichtfinanzielle Berichtsstandard (CSR-RUG).
Die nichtfinanzielle Erklärung hat bis jetzt keine Auswirkung auf die integrierte Berichterstattung genommen. Es empfiehlt sich jedoch, die Entwicklung weiter zu beobachten und eine integrierte Berichterstattung im Unternehmen zu entwickeln. Ein integrierter Bericht sollte jedoch erst vorgelegt werden, wenn ein integriertes Management von ökonomischen, ökologischen und sozial/gesellschaftlichen Zielen aufgesetzt wurde.
„Core & More“-Ansatz mit plattformübergreifenden Redaktionssystemen aufbauen
Die separate wie auch die integrierte Berichterstattung muss prozesssicher erstellt und übergreifend kommuniziert werden. An dieser Stelle setzt der sogenannte „Core & More“-Ansatz an. Der Kreis der Stakeholder und die Kommunikationskanäle haben sich in den vergangenen Jahren erheblich erweitert. Eine „Alles-in-einem-Antwort“ wird auch der integrierte Bericht nie geben können, da es heute zu viele Kanäle gibt, über die die Kommunikation nicht nur zur Berichterstattung zielgruppenorientiert bereitgestellt werden muss. Dazu ist ein plattformübergreifendes Redaktionssystem, das die Kennzahlen automatisch integriert sowie die Inhalte auf verschiedenen Plattformen ausspielen kann, unerlässlich.
Die Antwort auf die Frage wie die Nachhaltigkeitsberichterstattung weiterentwickelt werden soll lautet: Steuerung durch Digitalisierung und Unternehmensberichterstattung durch zielgruppenspezifische Kommunikation.